8 Fragen an Britta Schulz

Im Nachgang zur Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten im Keiko-Dojo in Kehrum am 29. August diesen Jahres in Kehrum, erhielten alle 5 Kandidateninnen und Kandidaten eine Liste mit 8 Fragen zur schriftlichen Beantwortung überreicht. Hier nochmal die Zusammenfassung der Antworten von Britta Schulz:

 

Frage 1: Was wollen Sie in Ihnen ersten 100 Tagen im Amt umsetzen?

  • Alle Mitarbeiter der Verwaltung kennen lernen und gemeinsam mit ihnen Ziele definieren
  • Aufstellung eines freiwilligen Haushaltsanierungsplans im Rahmen der Erstellung der Haushaltssatzung für das Jahr 2016
  • Durchführung von öffentlichen Informationsveranstaltungen zur Haushaltslage und zur Situation der Asylbewerber
  • Etablierung einer Willkommenskultur für ansiedlungswillige Unternehmen
  • Abfrage der Bedürfnisse ortsansässiger Unternehmen
  • Einrichtung eines Senioren- und Jugendbeirates, Suche nach Ortsteilpaten
  • Begleitung des Arbeitskreises „Verkehrskonzept historischer Stadtkern“

 

Frage 2: Welche Perspektiven gibt es für das Gewerbegebiet Kehrum – wann wird die B67n endlich fertig? Ein FDP Landtagsabgeordneter sprach vor zwei Jahren davon, dass es damit noch bis zu 30 Jahre dauern kann.

Die Flächen im Gewerbegebiet Kehrum sind fast vollständig vermarktet. Die vorgesehene Erweiterung in Richtung Uedemer Straße wurde von der Bezirksregierung Düsseldorf zugunsten der Entwicklung von Gewerbeflächen in anderen Gemeinden zurückgestellt, die näher an der A57 liegen. Die mitten im Gewerbegebiet liegenden Grünflächen werden möglicherweise unter Landschaftsschutz gestellt, was ihre Erschließung und Vermarktung als Gewerbegebiet ausschließen würde.

Eine der Hauptaufgaben der/des neuen Wirtschaftsförderin/Wirtschaftsförderers wird die Vermietung der leer stehenden Bereiche des Gründerzentrums Kehrum sein. Über eine Veräußerung des Gebäudes sollte nachgedacht werden.

Die lange Anfahrt zur A57 ist ein Wettbewerbsnachteil für die hier ansässigen Unternehmen. Es ist noch nicht bekannt, wann mit dem Beginn des Planfeststellungsverfahrens für die B67n, das vom Landesbetrieb Straßenbau NRW (Straßen.NRW) durchgeführt wird, zu rechnen ist. Das könnte leider tatsächlich lange dauern, nicht zuletzt auch wegen ungeklärter Grundstücksfragen. Während die weitere Trassenführung in Kalkar geklärt ist, steht eine endgültige Lösung für Uedem noch aus. Dazu kommt die Bauzeit. Die Einflussmöglichkeiten der Stadt Kalkar sind bedauerlicherweise sehr gering, da es sich sich um eine Bundesstraße handelt, für deren Planung und Realisierung „Straßen.NRW“ zuständig ist. Also werden wir wohl „weiter warten und nicht starten“.

 

Frage 3: Warum gibt es in Kalkar keine Stelle, die die Hilfe für die Flüchtlinge koordiniert und an die sich Bürger wenden können, die helfen wollen (Koordinierungsstelle)? Wie wollen Sie als Bürgermeister mit den Flüchtlingen umgehen, die noch nach Kalkar kommen? Mit einem Dach über dem Kopf ist es nicht getan. Diese Situation ist nicht morgen vorbei.

Es gibt bereits eine solche Stelle in Kalkar!

Die Netzwerkgruppe „Flüchtlingshilfe Kalkar“ wurde vor einigen Monaten auf Initiative der katholischen und der evangelischen Kirche, Mitarbeitern der Verwaltung (Herr Stechling, Herr Holderberg) sowie einigen ehrenamtlichen Mitarbeitern gegründet. (Zur Info: Ansprechpartner in der Stadtverwaltung ist Herr Urselmans, Tel.: 02824/13-172). Die Existenz dieses Netzwerkes ist leider noch viel zu wenig bekannt gemacht worden. Es muss nach Kräften unterstützt werden, auch um die vielen ehrenamtlichen Hilfsangebote und Sachspenden aus der Bevölkerung zu koordinieren.

Die wachsende Zahl von Asylbewerbern, die die Stadt Kalkar bereits aufgenommen hat und in Zukunft noch aufnehmen muss, stellt nicht nur in finanzieller Hinsicht eine wachsende Herausforderung dar, dem wir uns alle annehmen müssen. Von besonderer Bedeutung ist die umfassende Information der Bürgerinnen und Bürger über die Situation der Flüchtlinge, die wir bei uns aufnehmen. Nur aktive Aufklärung hilft gegen Antipathie und aufkeimende fremdenfeindliche Tendenzen.

Die Unterbringung der Flüchtlinge sollte bevorzugt in privaten, dezentralen Unterkünften erfolgen, eine Sammelunterkunft wie am Schafsweg ist für eine erfolgreiche Integration der Asylbewerber ungünstig. Es müssen Möglichkeiten der Begegnung geschaffen werden, wo sich Flüchtlinge und Kalkarer Bürger in ungezwungener Atmosphäre kennen lernen und gemeinsam etwas unternehmen können. Auch hier gibt es bereits Initiativen, u. a. von Sportvereinen. Privat organisierte Sprachkurse sind ebenfalls sehr wichtig. Besonders intensiv kümmern müssen wir uns um die Kinder der Flüchtlingsfamilien. Kindergärten und Schulen müssen unterstützt werden, um mit dieser besonderen Herausforderung fertig zu werden. Die Kalkarer Unternehmen sind gefordert, wenn es um die Einstellung arbeits-berechtigter Personen geht, auch die Bereitstellung von Praktikumsplätzen wird bereits organisiert. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich bei allen ehrenamtlich tätigen Mitbürgern zu bedanken, die sich bereits heute in den genannten Bereichen engagieren.

 

Frage 4: Thema Energie: Alle reden von der Energiewende und Windrädern im Wald. Was soll Kalkar tun? Kann die Kommune sich langfristig auf 100 Prozent Energie aus erneuerbaren Energiequellen umstellen? Wollen Sie ein Nachhaltigkeits- und Umweltmanagement in Kalkar etablieren?

Der Rat der Stadt Kalkar hat am 25.06.2015 die 57. Änderung des Flächennutzungsplanes – planungsrechtliche Steuerung von Windenergieanlagen – beschlossen. Auf insgesamt 90 ha können bis zu 15 Windkraftanlagen (geplante Höhen 150 bis 180 Meter) errichtet werden, die in Summe 150 % des Energiebedarfs von Kalkar produzieren sollen. Vorgesehen sind derzeit 6 Anlagen in Neulouisendorf, 4 Anlagen zwischen Kalkar und Hönnepel (nördlich und südlich der Rheinstraße) und 5 Anlagen zwischen Appeldorn und Niedermörmter. Die Bauarbeiten an der ersten Anlage in Neulouisendorf haben schon begonnen, Genehmigungsanträge für weitere Anlagen liegen dem Kreis Kleve als zuständiger Genehmigungsbehörde vor.

Die Umstellung einer Kommune auf 100 Prozent erneuerbare Energien ist zur Zeit technisch noch nicht möglich. Wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, liefern diese beiden Energieformen keinen Strom, da es bisher keine geeigneten Technologien zur Speicherung des produzierten Stroms in der benötigten Menge gibt.

Es gibt eine Vielzahl von Themen, die von einer Kommune unter dem Stichwort „Nachhaltigkeit“ betrachtet werden müssen: Finanzen, demografischer Wandel, Arbeitsplätze, Energieversorgung, Bildung, Instandhaltung von Infrastruktur, Stadtplanung / Stadtentwicklung, Mobilität und Verkehr, Naturschutz, Integration von Zuwandern oder Sozialtransfers. Zur Zeit sind in Kalkar die Fachbereichsleiter für die einzelnen Themen zuständig, bei übergreifenden Themen trägt der Bürgermeister die Verantwortung. So hat die Stadt bereits jetzt umfassend die gesetzlichen Anforderungen im Bereich Umweltschutz, z. B. bei der Aufstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen, zu beachten. Ob darüber hinaus bei der Größe einer Kommune wie Kalkar ein eigenes Nachhaltigkeits- und Umweltmanagement etabliert werden muss, sollte Gegenstand von Diskussionen in den Fraktionen und im Rat sein.

 

Frage 5: Plant irgend jemand von Ihnen eine Änderung der Hundesteuersatzung? Mit jedem weiteren Hund steigt in Kalkar die Hundesteuer überproportional. Außerdem werden Listen-Hunde nach bestandenem Wesenstest nicht genauso besteuert wie Nicht-Listen-Hunde, obwohl das in anderen Städten durchaus so gehandhabt wird.

Ehrlicherweise muss gesagt werden, dass es unseriös wäre, eine Senkung der Hundesteuer zu versprechen. Das lässt die finanzielle Situation der Stadt nicht zu. Viele Städte haben eine nach der Anzahl der Hunde gestaffelte, vergleichbar hohe Hundesteuer wie Kalkar. Über das Thema „Listen-Hunde/Nicht-Listen-Hunde“ würde ich mich als Bürgermeisterin gern mit betroffenen Hundehaltern unterhalten.

 

Frage 6: Gibt es Ideen, was mit den ehemaligen Milchwerken Wöhrmann geschehen soll?

Bis jetzt unterliegt alles, was mit Investoren zu tun hat der höchsten Geheimhaltungsstufe, deshalb ist mir nicht bekannt, ob es bisher ernsthafte Interessenten gegeben hat und in welche Richtung diese gehen wollten. Weder Größe noch Zustand der Gebäude und des Gesamtgeländes sind mir bekannt, so dass konkrete Projektvorschläge in diese Richtung bislang nicht entwickelt werden konnten.

 

Frage 7: Allein aufgrund der Zunahme der Behandlungsintensität in einer alternden Gesellschaft werden mehr Ärzte gebraucht als früher. Gleichzeitig verabschieden sich immer mehr Ärzte in den Ruhestand. Wie sehen die Kandidaten den Zustand der Ärztelandschaft in Kalkar und wie wollen sie als Bürgermeister einen Ärztemangel angehen?

Die Altersstruktur der in Kalkar niedergelassenen Ärzte ist so, dass in einigen Jahren die hausärztliche Versorgung nicht mehr sicher gestellt sein könnte. Der Kreis Kleve rangiert auf der Beliebtheitsskala junger Ärzte (gilt auch für andere Berufe) ziemlich weit unten. Junge Leute wollen nicht aufs Land ziehen, es gibt zu wenig soziale und kulturelle Einrichtungen. Hausärzte auf dem Land haben oft lange Anfahrtswege zu Hausbesuchen und eine hohe Zahl an Notdiensten. Hinzu kommt, dass viele junge Ärzte heute den Schritt in die Selbstständigkeit auf Grund der hohen Investitionen scheuen. Der hohe Numerus Clausus verhindert, dass mehr Ärzte ausgebildet werden. Das sind Fakten, an denen wir kommunalpolitisch nicht viel ändern können. Man muss also darüber nachdenken, wie man junge Ärzte zu uns aufs Land „lockt“, wie man das Image des Kreises bzw. von Kalkar verbessern kann. In diesem Zusammenhang könnte auch die Einrichtung eines Ärztehauses sinnvoll sein. Dies würde die Höhe der Investitionskosten für den einzelnen Mediziner senken und für die Bürger eine bessere Versorgung gewährleisten.

 

Frage 8: Besonders heiß wird aber nun in der Gruppe aktuell noch das Thema „Schulden“ diskutiert und daher hier noch eine „wörtlich“ gestellte Frage eines Gruppenmitgliedes: „Ich will für das hier, jetzt und für die Zukunft erklärt haben, wie diese Schulden abgetragen werden sollen.“

Als erste Maßnahme müssen Ziele zum Schuldenabbau definiert werden:

  • Keine Steigerung der Schulden bzw. zumindest die Minimierung der Steigerung der Schulden, also die Einführung einer „Schuldenbremse“ für die Stadt Kalkar. Weiter Schulden machen kostet uns alle noch viel mehr Geld.
  • Die Festlegung des Zeitpunktes, bis zu dem der Haushaltsausgleich wieder hergestellt sein wird .
  • Ein schuldenfreies Kalkar in x Jahren. Im Rahmen der Aufstellung des Haushaltes 2016 ist festzustellen, wie lange die Stadt voraussichtlich benötigt, um den Schuldenberg abzutragen.

Dazu ist es erforderlich, das im Jahr 2012 von der Verwaltung aufgestellte und vom Rat der Stadt Kalkar verabschiedete freiwillige Haushaltssicherungskonzept (Anlage zur Drucksache 9/259, zu finden unter www.kalkar.de), welches bereits eine Vielzahl von Maßnahmen aufführt, zu überarbeiten und konsequent anzuwenden.

Freiwillige und pflichtige Ausgaben sind zu senken, letztere durch Überprüfung des Leistungs-umfangs und der Wirtschaftlichkeit. Die Einnahmen aus sonstigen Erträgen, kommunalen Leistungen, Abgaben und Steuern müssen gesteigert werden. Die Veräußerung nicht benötigter Flächen und Gebäude ist zu prüfen. Bei der Konsolidierung sind zudem alle Beteiligungen der Stadt einzubeziehen. Bereits das freiwillige Haushaltssicherungskonzept listet als mögliche Maßnahme z.B. den Verkauf des Freizeitparkes Wisseler See auf. Was kann man selber positiv bewirtschaften und was können private Investoren besser?

Wie kann man höhere Einnahmen generieren? Kalkar muss als attraktive Stadt besser beworben werden. Wir müssen Leben in die Stadt holen. Das gilt für Unternehmen, junge Familien und Touristen.

Kalkars finanzielle Probleme lassen sich nur durch eine überparteiliche Zusammenarbeit aller im Rat der Stadt vertretenen Gruppierungen in den Griff bekommen. Mein Ziel ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Stadtrat, Verwaltung und Bürgermeisteramt zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt.

Kommentar verfassen