„Wer die Musik bestellt, der sollte sie auch bezahlen“

„Ziviler Ungehorsam“! Das war das Unwort des Abends auf der Ratssitzung am Dienstag, dem 30. Mai, im großen Sitzungssaal des Rathauses in Kalkar. Und zwar gefordert von Boris Gulan (FDP) im Zusammenhang mit der vom Land NRW per Gesetz angeordneten zusätzlichen Aufwandsentschädigung für die Vorsitzenden der Ausschüsse, mit dem Ziel, das Ehrenamt in der Kommunalpolitik stärker zu fördern (TOP 5).

Die Fraktion der CDU Kalkar hatte für diesen bereits vor der Landtagswahl zur Beratung anstehenden Tagesordnungspunkt weiteren Beratungsbedarf beantragt und nun einen gemeinsamen Antrag mit der SPD und den Grünen gestellt. Dieser sieht vor, dass die Verwaltung einen rechtskonformen Vorschlag erarbeitet und dem Rat zur Beratung und anschließendem Beschluss vorlegt.

Das war Boris Gulan so gar nicht recht, da vom Land keine zusätzlichen Gelder für diese Mehrbelastung in die Stadtkasse fließen. Frei nach dem Motto „Wer die Musik bestellt, der sollte sie auch bezahlen“. Dirk Altenburg (FORUM) äußerte seine Sympathie für den zivilen Ungehorsam und verwies auf den Rat als „Souverän“ in seinen Beschlüssen. Die Bürgermeisterin Dr. Britta Schulz wies auf die Gesetzesgrundlage hin, die nun mal eine Entschädigung vorsieht, allerdings auch begründete Ausnahmen zulässt. So würde die Sondervergütung für einen Ausschussvorsitzenden 2.542,90 € pro Jahr betragen. Für insgesamt acht Ausschüsse, ausgenommen sind der Haupt- und Finanzausschuss sowie der Wahlprüfungsausschuss, macht das stolze 20.342 € Mehrbelastung für den städtischen Haushalt! Lutz Kühnen (FORUM) errechnete z. B. für den Vorsitzenden des Bauausschusses, der sechsmal im Jahr tagt, einen „Stundenlohn“ von ca. 100 € bei einem zu leistenden Mehraufwand für die Vorbereitung einer Sitzung von ca. vier Stunden. Die anderen Fachausschüsse tagen meist nur zweimal pro Jahr, d. h. der „Stundenlohn“ für die Vorsitzenden dieser Ausschüsse wäre noch weitaus höher! Lutz Kühnen legte einen präzisierten Beschlussentwurf vor, der die Verwaltung zur Erarbeitung einer Vorlage mit der geringsten Belastung für den städtischen Haushalt aufforderte.

Wilhelm Wolters (CDU) plädierte für die Erhöhung der Aufwandsentschädigung für die Ausschussvorsitzenden. Seiner Auffassung nach sollte an dieser Stelle nicht gespart werden, da sonst „das Ehrenamt ein stückweit beschädigt wird“.

Der Aufforderung zum „zivilen Ungehorsam“ wurde nicht gefolgt und so wurde der Beschlussvorlage der Antragssteller bei einer Gegenstimme und sechs Enthaltungen zugestimmt.

Zuvor wurde die „Plakatverordnung“ der Stadt Kalkar in TOP 2 um die Möglichkeit des Einsatzes von Hohlkammerplakaten erweitert. Ebenso wurden TOP 3 „Änderung des Bebauungsplanes Nr. 077 (Erweiterung des Netto-Marktes)“, als auch TOP 4 „Aufhebung des Bebauungsplanes Nr. 069 Windenergieanlagen Neulouisendorf / Teilbereich 1“ beschlossen.

In TOP 6 wurde der Beschwerde eines Bürgers gegen die Erhöhung der Grundsteuer B nicht stattgegeben.

In den „Mitteilungen“ wies die Verwaltung u. a. auf die erfolgreiche Gründung des Bürgerbusvereins Kalkar als auch auf folgende Termine hin:

  • 21. Juni 2017: 1. öffentliche Vorstellung des Integrierten Handlungskonzeptes (IHK) inkl. Verkehrskonzept für den Innenstadtbereich, Einführung im Ratssaal mit anschließendem Rundgang, Beginn 18 Uhr
  • 28. Juli 2017: Offizielle Kirmeseröffnung um 18.30 Uhr

Die allgemeine „Flüchtlingslage“ kann als ruhig bezeichnet werden. Andreas Stechling (Fachbereichsleiter) gab bekannt, dass derzeit 51 Wohnungen für die Unterbringung von Flüchtlingen angemietet sind, 9 Wohnungen konnten wieder gekündigt werden. Aktuell leben 166 Asylbewerber in Kalkar, die Aufnahmequote für Asylbewerber ist damit zu 97 % erfüllt. Dagegen ist die Quote für die Aufnahme von anerkannten Flüchtlingen erst zu 70,5 % erfüllt, es können also noch max. 41 Personen zugewiesen werden. In Kalkar wohnen insgesamt 732 Personen, davon 95 Flüchtlinge, die Leistungen gemäß SGB II („Hartz IV“) erhalten. Die Verwaltung bemüht sich, den arbeitsfähigen Anspruchsberechtigten (479 Personen) Qualifizierungsmaßnahmen anzubieten.

In den Fragen nach § 17 der Geschäftsordnung fragte Dirk Altenburg u. a. nach dem aktuellen Stand der Haushaltslage, woraufhin Stefan Jaspers (Kämmerer) ankündigte, einen Nachtragshaushalt noch vor der Sommerpause einzubringen. Nach dem aktuellen Sachstand sind weder überraschende Einnahmeverluste noch Einnahmesteigerungen zu verzeichnen.

Lutz Kühnen fragte nach dem Sachstand der Kommunikation zwischen der Verwaltung und den Bewohnern im Umfeld der St. Nicolai Kirche bzgl. der unerfreulichen Ansicht auf die Mülltonnen im Bereich der Kirche. Die maroden Verkleidungen wurden vor Monaten entfernt. Die Situation ist nicht einfach, so die Bürgermeisterin, aber sie bleibt an der Sache dran.

In den Einwohnerfragen fragte der Kalkarer Bürger Wilfried van Haag u. a. nach der rechtlichen Zulässigkeit von privater Videoüberwachung im Stadtgebiet von Kalkar. Die Verwaltung verwies auf die Schutz-/Sicherungsabsichten durch diese Überwachung.

 

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