Unfreiwillig „freiwillig“?

Wer die Musik bestellt, der muss sie auch bezahlen! So sollte es sein, aber anscheinend gilt dies nicht in der Politik. Landrat Spreen (CDU) möchte den Kommunen im Kreis Kleve die Kosten für ein drittes beitragsfreies Kindergartenjahr als „freiwillige Leistung“ aufs Auge drücken, obwohl die Abstimmung im Gesetzgebungsverfahren zum zweiten beitragsfreien Kindergartenjahr des Landes NRW noch aussteht. Gut gemeint oder ein vorgezogenes Wahlkampfgeschenk aus den Reihen der CDU? Wie auch immer – wünschenswert wäre es schon! Und so empfahl der Ausschuss für Schule, Jugend und Sport auf der Sitzung am Dienstag, den 17. September, mehrheitlich dem Rat der Stadt Kalkar, eine Empfehlung zugunsten eines dritten beitragsfreien Kindergartenjahres an den Kreis Kleve abzugeben.

Und so geschah etwas, was nur selten vorkommt – der Rat mochte der Empfehlung des Ausschusses nicht folgen. Dieser tagte nämlich in einer Sondersitzung zu diesem Thema direkt im Anschluss an die Ausschusssitzung. Die Sondersitzung war notwendig geworden, da der Landrat die Verwaltungen in der Sommerpause mit seinem „Anliegen überfallen“ hatte und ein Ratsbeschluss wegen des bestehenden Zeitdruckes in dieser Angelegenheit zwingend notwendig war.

Mindestens 100.000 € Mehraufwand waren veranschlagt worden und die Kosten für das zweite beitragsfreie Jahr kämen in der logischen Konsequenz noch unten vor – statt oben drauf. Die Verwaltung hatte in ihrer Drucksache darauf verwiesen, dass zuerst Erfahrungen mit dem zweiten beitragsfreien Kindergartenjahr gemacht werden sollten, bevor ggf. ein drittes freiwillig dazu käme. Dirk Altenburg (FORUM) wies darauf hin, dass die Eltern zwischen 25, 35, 45 oder noch mehr Stunden Betreuungszeit für ihre Liebsten wählen können und dass für die gewählte Betreuungszeit entsprechend Personal vorhanden sein muss, unabhängig davon, ob die Eltern überhaupt die gewählte Zeit für ihr Kind in Anspruch nähmen. Diesbezüglich sollte, wie von der Verwaltung vorgeschlagen, zuerst auf die Erfahrungen des zweiten beitragsfreien Kindergartenjahres zurückgegriffen werden, bevor auch noch ein drittes eingeführt wird. Zudem hat der Kreis Kleve auch die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen zu berücksichtigen, so Altenburg weiter. Ebenso sah es auch Walter Schwaya (SPD), der in der Sache auf ein ursozialdemokratisches Anliegen hinwies, Kindergärten und Kindertagesstätten für die Eltern beitragsfrei zu stellen. Dennoch lehnte er das Vorpreschen des Landrates ab. Ansgar Boßmann (CDU) mochte das Geld gerne lockermachen, Carsten Naß hingegen „sorgte“ sich ebenfalls um den städtischen Haushalt und Willibald Kunisch (Grüne) echauffierte sich über die ablehnenden Meinungen.

Politik ohne absolute Mehrheit einer einzelnen Fraktion bedeutet Kompromisse finden und schließen zu müssen. Und so wurde die Beschlussvorlage bzw. die Stellungnahme der Stadt an den Kreis dahingehend geändert, dass ein drittes beitragsfreies Kindergartenjahr grundsätzlich zu begrüßen sei, jedoch nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Zwei Ratsmitglieder lehnten diesen Kompromiss ab, zwei enthielten sich.

Im Übrigen haben sich elf der betroffenen Kommunen ablehnend zu dem von Landrat Wolfgang Spreen vorgelegten Sachverhalt geäußert, denn für 45 % der Kinder besteht bereits eine Beitragsfreiheit für die Kindergartennutzung! Letztendlich würden die Eltern mit hohen Einkommen entlastet und die Kommunen entsprechend belastet.

Nun liegt es beim Kreisjugendhilfeausschuss und dem Kreistag über eine freiwillige Leistung zu entscheiden, die über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgeht und die nicht nur die Stadt Kalkar dauerhaft stark belasten würde.

Ihr FORUM Kalkar

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